Tokenisierung von Vermögenswerten treibt digitale Transformation des Finanzsystems voran

  • Die Technologie kann zu einem effizienteren, transparenteren und zugänglicheren Wertpapierhandelssystem führen
  • Mit zunehmender Verbreitung könnte die Tokenisierung des Aktienhandels ab 2030 zu jährlichen Kosteneinsparungen von 4,6 Mrd. EUR führen
  • Aufsichtsbehörden müssen die notwendigen Rahmenbedingungen definieren

Die Blockchain-Technologie revolutioniert die Finanzbranche. Eine der jüngsten – und potenziell disruptivsten – Blockchain-basierten Innovationen ist die Tokenisierung von Vermögenswerten. Diese Technologie wird zwar noch nicht im großen Maßstab genutzt, doch es existieren bereits vielversprechende Anwendungsfälle auf der ganzen Welt. Mit zunehmender Verbreitung könnte die Tokenisierung des Aktienhandels ab 2030 zu jährlichen Kosteneinsparungen von 4,6 Mrd. EUR führen. Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse der Studie „The Tokenization of the Economy and its Impact on Capital Markets and Banks“ von Roland Berger und Keyrock.

„Die Tokenisierung wird einen starken Einfluss auf die gesamte Finanzbranche haben und zu einem unumkehrbaren Wandel führen. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, müssen sich Vermögensverwalter, Banken, Infrastrukturanbieter sowie Aufsichtsbehörden dringend mit den Herausforderungen und Chancen auseinandersetzen“, sagt Sebastian Maus, Partner bei Roland Berger.

Tokenisierung schafft mehr Effizienz und Transparenz sowie einen leichteren Zugang

Unter Tokenisierung versteht man die Umwandlung eines materiellen oder immateriellen Vermögenswerts in einen digitalen Token, der anschließend vom Inhaber über die Blockchain gehalten, verwendet oder übertragen werden kann. Dadurch entfällt die Notwendigkeit von Intermediären, wie z. B. Verwahrstellen und von analogen Eigentumsnachweisen.

Die Studienautoren haben drei wesentliche Vorteile der Technologie in der Wertschöpfungskette des Wertpapierhandels identifiziert: erhöhte Effizienz, sowohl bei den Kosten als auch bei den Prozessen; erhöhte Transparenz durch nahtlosen Datenaustausch über ein dezentrales Netzwerk sowie ein einfacherer Zugang dank fraktionierter Vermögenswerte, der es kleineren Akteuren ermöglicht, in den Markt einzutreten.

In Deutschland kommt Tokenisierung bereits bei Inhaberschuldverschreibungen zum Einsatz

„Die deutschen Regulatoren haben mit dem eWpG Mitte des Jahres den Einsatz von Tokenisierung bei Inhaberschuldverschreibungen erlaubt. Dies ist hierzulande der erste Bereich, in dem Tokenisierung in großem Umfang zum Einsatz kommen wird. Mit Blick auf die internationalen Märkte glauben wir, dass der Aktienhandel der erste Bereich sein wird, in dem die Tokenisierung einen bedeutenden Einfluss erlangen wird: Zum einen sind hier die meisten bestehenden Proof-of-Concepts zu finden. Zum anderen spielt Technologie im Alltag dieser Märkte bereits eine elementare Rolle, was den Übergang erleichtert. Darüber hinaus ist der Handel mit Wertpapieren ein sehr großer Markt, der entsprechende Skaleneffekte ermöglicht“, erklärt Sebastian Steger, Partner bei Roland Berger.

Aktuell gestaltet sich die Wertschöpfungskette des Aktienhandels sehr komplex und ineffizient. Nach Ansicht der Studienautoren kann die Tokenisierung hier in mehrfacher Hinsicht Abhilfe schaffen: Durch die Eliminierung des Clearing-Prozesses, die Verkürzung der Abwicklungszeiten, die Erhöhung der Transparenz aufgrund des dezentralen Charakters und die Steigerung der Effizienz mit Hilfe von Prozessautomatisierung.

„Die Infrastruktur des Finanzmarktes wurde entwickelt, um möglichst sichere, schnelle und endgültige Werttransfers zu ermöglichen. Die Tokenisierung ermöglicht digitale Transfers, die so nahtlos und einfach sind wie die Übertragung von Informationen über das Internet. Zugleich verbessert sie den derzeitigen Status quo in Bezug auf Geschwindigkeit, Sicherheit und Flexibilität. Und dies ohne die Notwendigkeit vieler der derzeitigen Vermittler. Dies ist ein ebenso tiefgreifender Wandel wie die Entwicklung vom Papier- zum elektronischen Handel. Der Umbruch ist bereits im Gange und die Marktteilnehmer können sich entscheiden, ob sie sich anpassen und mitwachsen oder zurückbleiben und irrelevant werden“, erklärt Kevin de Patoul, CEO und Mitgründer von Keyrock.

Finanzielle und zeitliche Vorteile überwiegen Herausforderungen

Zwar gibt es bereits heute konkrete Beispiele für den Einsatz der Technologie im Aktienhandel, doch die Einführung der Tokenisierung im gesamten Handelsbereich wird wahrscheinlich nicht über Nacht erfolgen. Die größte Herausforderung der Tokenisierung ist das Fehlen eines regulatorischen Rahmens und gemeinsamer Industriestandards. Auch die Skalierbarkeit und die Festlegung geeigneter Maßnahmen zur Cybersicherheit stellen erhebliche Hürden dar.

„Es mag der Eindruck entstehen, dass der Bedarf an Tokenisierung noch auf einem vernachlässigbaren Niveau ist und die Technologie noch ignoriert werden kann. Wir sind der festen Überzeugung, dass es jetzt an der Zeit ist, zu handeln. Da immer mehr attraktive Anwendungsfälle auftauchen und die potenziellen Nutzer vermehrt die finanziellen und zeitlichen Einsparungen der Tokensierung sehen, werden die Aufsichtsbehörden gezwungen sein, die Grenzen des technologischen und regulatorischen Rahmens zu definieren“, sagt Maus.

Wer sich mit der Blockchain beschäftigt, hat hohe Erwartungen

  • Drei Viertel rechnen mit Chancen für neue Geschäftsmodelle
  • Vor allem große Unternehmen setzen sich intensiv mit dem Thema auseinander
  • Bitkom veröffentlicht Studienbericht „Blockchain – Wo steht die Wirtschaft 2021?“

Nur eine Minderheit der Unternehmen in Deutschland (7 Prozent) nutzt die Blockchain-Technologie, plant den Einsatz oder diskutiert zumindest darüber – aber bei denen, die es tun, sind die Erwartungen groß. So geben 94 Prozent dieser Unternehmen an, dass sie mit Hilfe der Blockchain neue Produkte oder Dienstleistungen anbieten zu können. Vor drei Jahren lag der Anteil erst bei 82 Prozent. Und fast alle (99 Prozent) sagen, dass sie mit Hilfe der Blockchain bestehende Produkte oder Dienstleistungen anpassen wollen (2018: 98 Prozent). Drei Viertel (77 Prozent) gehen zudem davon aus, dass die Blockchain es ihnen ermöglicht, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln (2018: 66 Prozent). Das sind Ergebnisse aus dem heute veröffentlichten Studienbericht „Blockchain – Wo steht die Wirtschaft 2021?“ des Digitalverbands Bitkom, für den 652 Unternehmen ab 50 Beschäftigten in Deutschland befragt wurden. „Blockchain gilt bei der Mehrheit der Unternehmen als wichtige Zukunftstechnologie. Deutschland hat es in den vergangenen Jahren geschafft, eine weltweite Vorreiterrolle einzunehmen, unter anderem dank einer eigenständigen Blockchain-Strategie in der vergangenen Legislaturperiode“, sagt Benedikt Faupel, Referent Blockchain beim Bitkom. „Daran gilt es in den kommenden Jahren anzuknüpfen – und mit der Umsetzung von konkreten Anwendungsbeispielen den Einsatz der Technologie voranzutreiben.“

Weitere Ergebnisse aus dem Studienbericht „Blockchain – Wo steht die deutsche Wirtschaft 2021?“ sind unter anderem:

  • Mehrheit hält Blockchain für wichtige Zukunftstechnologie. 6 von 10 Unternehmen ab 50 Beschäftigten (59 Prozent) stimmen der Aussage zu, die Blockchain-Technologie wird stark unterschätzt, sie ist eine der wichtigsten Zukunftstechnologien. Unter Großunternehmen ab 2.000 Beschäftigten sind es sogar 82 Prozent.
  • Vor allem Großunternehmen beschäftigen sich derzeit intensiv mit der Blockchain. Zwei Drittel (64 Prozent) der Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigen tun dies sehr intensiv, bei denen mit 500 bis 1.999 Beschäftigten sind es immerhin noch 29 Prozent. Im Mittelstand mit 100 bis 499 Beschäftigten liegt der Anteil mit 15 Prozent deutlich darunter und nur 9 Prozent der Unternehmen mit 50 bis 99 Beschäftigten setzen sich intensiv mit der Blockchain auseinander.
  • Blockchain ist häufig Teamwork. Drei Viertel (74 Prozent) der Unternehmen, die Blockchain im Einsatz haben, dies planen oder diskutieren, tauschen sich dazu mit anderen aus oder kooperieren.
  • Wer sich mit der Blockchain beschäftigt, plant vor allem den Einsatz in den Bereichen Finanzen, Buchhaltung oder Controlling (73 Prozent). Dahinter folgen mit deutlichem Abstand Logistik, Lager und Versand (35 Prozent), Einkauf (34 Prozent) und Produktion (34 Prozent).
  • Digitaler Euro stößt auf breite Zustimmung. Einen digitalen Euro auf Blockchain-Basis wünschen sich mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Unternehmen.

Der Studienbericht „Blockchain – Wo steht die Wirtschaft 2021“? steht zum kostenlosen Download zur Verfügung: www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Blockchain-Wo-steht-die-deutsche-Wirtschaft-im-Jahr-2021

Methodik:

Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 652 Unternehmen ab 50 Beschäftigten in Deutschland telefonisch befragt.

Drei von vier Unternehmen wollen den digitalen Euro

  • Digitalwährung würde direkten Zugang zu Zentralbankgeld in Zukunft sicherstellen – und könnte Einfluss fremder Digitalwährungen verhindern
  • Sorge um Datenschutz und Finanzstabilität
  • Europäische Zentralbank stellt heute Details zu Plänen für einen digitalen Euro vor

Berlin, 14. Juli 2021
Die Europäische Zentralbank (EZB) will heute über ihre Pläne für einen digitalen Euro informieren. Die deutsche Wirtschaft hat zu dem Thema bereits eine klare Meinung: Drei Viertel (78 Prozent) aller Unternehmen ab 50 Beschäftigten wollen, dass die EZB einen digitalen Euro einführt. Nur jedes Fünfte (20 Prozent) hält nichts von solchen Plänen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 652 Unternehmen aller Branchen in Deutschland im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Andere Nationen sind bei digitalem Zentralbankgeld schon weiter und haben bereits Pilotprojekte gestartet. Wir müssen unser Tempo erhöhen, um diesen Vorsprung aufzuholen“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Europa sollte bei digitalem Zentralbankgeld eine weltweit führende Rolle anstreben. Der digitale Euro ist ein ganz zentrales Element einer digital souveränen EU.“

Für einen digitalen Euro spricht aus Sicht der Unternehmen vor allem, dass sonst andere staatliche oder private Digitalwährungen zum Einsatz kommen, die europäische Werte untergraben könnten (78 Prozent). Zwei Drittel (69 Prozent) plädieren für den digitalen Euro, damit auf dem künftigen Kapitalmarkt mit tokenisierten Wertpapieren nahtlose Zahlungs- und Abwicklungsprozesse möglich werden. Und ähnlich viele (64 Prozent) sehen einen Vorteil darin, dass auch bei abnehmender Bedeutung von Bargeld im digitalen Zeitalter den Bürgern der direkte Zugang zur Zentralbank erhalten bleibt. 6 von 10 (60 Prozent) erwarten, dass ein digitaler Euro es der EZB in Krisenzeiten ermöglicht, neue geldpolitische Instrumente wie etwa Negativzinsen effektiver umzusetzen. Und 4 von 10 (40 Prozent) sehen den Bedarf für einen digitalen, programmierbaren Euro in der Industrie, um Zahlungsprozesse zu automatisieren. Damit könnten sich zum Beispiel Machine-to-Machine-Zahlungen im Internet of Things umsetzen lassen. Nur 11 Prozent sind der Meinung, ein digitaler Euro habe überhaupt keine Vorteile.

Allerdings gibt es auch Sorgen rund um die Einführung eines digitalen Euros. So sehen zwei Drittel (65 Prozent) Datenschutzrisiken, wenn die Zentralbank tiefere Einblicke in die Zahlungsprozesse erhält. Rund jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) sieht die Finanzstabilität gefährdet, weil durch den digitalen Euro der Einfluss der Banken in Krisenzeiten sinkt. Nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent) sieht schlicht keinen Bedarf für einen digitalen Euro, 8 Prozent meinen, die Wirtschaft solle selbst Lösungen für den Zahlungsverkehr der Zukunft entwickeln. Lediglich 13 Prozent geben an, es spreche nichts gegen einen digitalen Euro.

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 652 Verantwortliche für digitale Technologien bzw. Blockchain in Unternehmen ab 50 Mitarbeitern in Deutschland telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten: „Sollte die Politik bzw. die Europäische Zentralbank Ihrer Meinung nach einen digitalen Euro emittieren?“, „Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht für einen digitalen Euro?“ und „Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht gegen einen digitalen Euro?“

Wird COVID-19 das Ende der Barzahlungen einläuten?

  • Bargeldlose Zahlungen steigen weltweit um 14 Prozent
  • Die Zahlungsverkehrslandschaft verändert sich durch einen Mix aus erhöhtem Zahlungsvolumen, verändertem Verbraucherverhalten und größerem Risiko 
Entwicklung der bargeldlosen Zahlungen weltweit 2014 -2019 Quelle: Capgemini

Zahlungsverkehrsanbieter müssen sich selbst massiv weiterentwickeln, während sie gleichzeitig größere Transaktionsvolumen abwickeln, größerem Wettbewerb und erhöhten Risikofaktoren ausgesetzt sind. Während der Corona-Pandemie wurden diese Entwicklungen weiter verstärkt, so die Erkenntnis des heute von Capgemini veröffentlichten World Payments Report 2020.

„COVID-19 hat das Innovationstempo im Zahlungsverkehr beschleunigt. Mehr denn je müssen Dienstleister aus diesem Bereich Schnelligkeit, Bequemlichkeit und ein hervorragendes Kundenerlebnis von Anfang bis Ende in den Vordergrund stellen“, sagt Christian Drevenstedt, Experte für den Zahlungsverkehr bei Capgemini in Deutschland. „Wir erleben derzeit, dass visionäre Banken und Zahlungsverkehrsunternehmen ihren Fokus auf die Technologietransformation legen und aktiv einen kollaborativen Ansatz verfolgen, indem sie sich mit agilen neuen Akteuren zusammenschließen, um flexiblere Organisationen zu schaffen.“

Bargeldlose Zahlungen auf Höchststand

Bereits vor dem Ausbruch der Pandemie erreichte das Transaktionsvolumen von bargeldlosen Zahlungen Höchstwerte. Dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzten. Das Tempo jedoch, wird durch die zunehmende Abhängigkeit bargeldloser Transaktionen von einer gleichzeitig gedämpften Weltwirtschaftsentwicklung bestimmt. Die Studie geht davon aus, dass von 2019 bis 2023 die Anzahl der bargeldlosen Transaktionen weltweit durchschnittlich um 12 Prozent wachsen wird. Von 2018 bis 2019 stiegen diese Zahlungen um 14 Prozent auf 708,5 Milliarden Transaktionen. Das ist die höchste Wachstumsrate, der letzten zehn Jahren.

Der asiatisch-pazifische Raum übertraf Europa und Nordamerika mit seiner Wachstumsrate von 24,7 Prozent und war 2019 die Region mit den meisten bargeldlosen Transaktionen (243,6 Milliarden). Der Anstieg ist auf die zunehmende Nutzung von Smartphones, den boomenden E-Commerce, die Einführung der digitalen Geldbörse (sogenannte Wallets) und Innovationen im Bereich Mobile-/QR-Code-Zahlungen zurückzuführen. Führend sind hier China, Indien und anderen asiatische Märkte in Südostasien mit insgesamt 31,1 Prozent Wachstum.

Der Wettbewerb unter den Zahlungsverkehrsanbietern hat sich verstärkt

Kunden verzichten zunehmend auf Bargeld, während die Affinität zu digitalen Zahlungen steigt. Neue Marktteilnehmer können schnell an Beliebtheit gewinnen. Denn die Studienergebnisse zeigen, dass 30 Prozent der Verbraucher ein BigTech[1] für Zahlungsdienste verwenden und 50 Prozent bereits eine Challenger Bank[2] für einige Zahlungen nutzen. Darüber hinaus gaben im April 2020 mehr als 38 Prozent der befragten Verbraucher an, während des Lockdowns einen neuen Zahlungsanbieter entdeckt zu haben. Internet-Banking und direkte Kontoüberweisungen waren und sind noch immer die bevorzugten Zahlungsmethoden während der globalen Pandemie, dies geben 68 Prozent der Teilnehmer der Verbraucherumfrage an. An zweiter Stelle steht die kontaktlose (tap-to-pay) Kartenzahlung, die 64 Prozent der Befragten häufig nutzen. Digitale Geldbörsen (einschließlich QR-basierter Zahlungen) waren die bevorzugte Wahl von 48 Prozent.

Alternative Zahlungen wie zum Beispiel Mobile Payments, könnten den Boom des bargeldlosen Zahlens weiter vorantreiben, da sich die Verbraucher mehr Geschwindigkeit, Bequemlichkeit und ein besseres Kundenerlebnis wünschen. Die Verwendung digitaler Geldbörsen wird erwartungsgemäß von 2,3 Milliarden Nutzer im Jahr 2019 auf vier Milliarden im Jahr 2024 ansteigen – dies entspricht 50 Prozent der Weltbevölkerung. Unsichtbare Zahlungen oder automatisierte Zahlungsprozesse, wie sie in den Geschäften von Amazon Go und Uber zu finden sind, werden voraussichtlich zwischen 2017 und 2022 eine durchschnittliche Wachstumsrate von 51 Prozent erreichen.

Während der Corona-Pandemie steigt die Gefahr krimineller Handlungen im Zahlungsverkehr

Da der Markt weiterhin im Umbruch ist und immer mehr Zahlungsoptionen zur Verfügung stehen, müssen sich Zahlungsverkehrsdienstleister mit erhöhten Risiken in verschiedenen Bereichen auseinandersetzen. Konkret sind Branchenexperten der Meinung, dass sie Gefahren aus den Bereichen Cybersecurity (42 Prozent), Regulatorik (37 Prozent), Betrieb (35 Prozent) und Business (30 Prozent) ausgesetzt sind. Die Verwundbarkeit durch Cyber-Angriffe schätzen 87 Prozent der Führungskräfte aus diesem Bereich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ein. Grund dafür sind Kriminelle, die Schwachstellen ausnutzen, die durch den COVID-19 Lockdown deutlich wurden. Dadurch steigt das Risiko von Cyberangriffen, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Um die Gefahr zu mindern, setzen Zahlungsverkehrsunternehmen vermehrt technologische Mittel ein.

Für das Finanzmanagement in Unternehmen (Treasury), welches sich mit der Steuerung von Zahlungsströmen befasst, hat die Pandemie zahlreiche Herausforderungen mit sich gebracht. Hier werden vermehrt digitale Technologien zur Verminderung des Gegenparteirisikos, für Konnektivitätslösungen, zur Zahlungsautomatisierung und für mehr Cybersicherheit in Betracht gezogen. Die Treasury sucht nun bei ihren Bank- und Zahlungsverkehrsunternehmen nach einer verbesserten API-Integration, Risikomanagement sowie Zahlungen und Verfolgung in Echtzeit.

Während die Führungskräfte der Banken die für den Kunden sichtbaren Innovationen (79 Prozent) und die digitale Transformation (75 Prozent) als die wichtigsten Treiber ihrer strategischen Initiativen für 2020 und darüber hinaus ansehen, erscheint die Transformation des Zahlungsverkehrs unvermeidlich. Die Zusammenarbeit als Teil dieser Transformation kann bei pandemiebedingter Unsicherheit helfen, da sich die Regulierungsbehörden auf die Bewältigung von Risiken konzentrieren, insbesondere bei bargeldlosen Zahlungen. Banken verfolgen zwei verschiedene Wege, um ein schlankeres und agileres Backend zu erreichen, das mit einem digitalen Front-End Schritt halten kann: Entweder entwickeln sie selbst interne Fähigkeiten oder arbeiten mit agilen digitalen neuen Akteuren zusammen. Neben der Entwicklung interner Fähigkeiten sind 60 Prozent der Führungskräfte von Banken der Meinung, dass die Zusammenarbeit mit Dritten in der gesamten Wertschöpfungskette ihnen dabei helfen wird, ihre ökosystembasierten Angebote zu erweitern.

Methodik der Studie

Der diesjährige World Payments Report bietet Einblicke in 44 Zahlungsverkehrsmärkte in verschiedenen geografischen Regionen. Für die weltweite Makrosicht wurden sechs Regionen definiert: Europa, Nordamerika, entwickelter asiatisch-pazifischer Raum, aufstrebender asiatischer Raum, Lateinamerika und Mittlerer Osten Afrika (MEA), gruppiert nach Kriterien der Geografie, der Entwicklung der Wirtschaft sowie des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Mehr als 8.600 Verbraucher nahmen an der Voice-of-the-Consumer-Umfrage teil. Eine zusätzliche Online-Umfrage bei Banken, Fintechs, Zahlungsverkehrsdienstleistern lieferte Daten von 235 Befragten. Außerdem wurden 45 Führungskräfteinterviews mit Banken, Zahlungsfirmen, Kartenunternehmen wie Visa oder Mastercard, Technologiedienstleistern und Einzelhändlern durchgeführt.

KI, Robotik und Automatisierung von zentraler Bedeutung für die Zukunft der Finanzdienstleistungen (Studie)

Die Mehrheit (55%) der Fachleute im Bankwesen und in der Vermögensverwaltung betrachtet künstliche Intelligenz (KI), Robotik und Automatisierung als die bedeutsamsten Entwicklungen, welche die globale Finanzdienstleistungsbranche in Zukunft prägen werden. Gemäss aktueller Branchenforschung des Schweizer Fintech-Unternehmens Avaloqzählen die zunehmende Nutzung vermehrt offener und kollaborativer Plattformen (von 34% der Befragten angegeben) sowie die wachsende Bedeutung der Distributed-Ledger-Technologien und Kryptowährungen (26%) zu weiteren massgebenden Entwicklungen.

Die Avaloq-Studie lotete die Stimmung hinsichtlich der laufenden digitalen Transformation der Branche aus. Sie ergab, dass die digitalen Infrastrukturen in den folgenden drei Spitzenbereichen erhebliche Leistungssteigerungen erzielen: Sicherstellung der Compliance bei sich verändernden Regulationen (48%); bessere Kundenerlebnisse (46%) und optimierte Cybersicherheit (42%). Mit Blick in die Zukunft wurde ein besseres Kundenerlebnis als der weitaus wichtigste Wettbewerbsvorteil für Banken und Vermögensverwalter in fünf Jahren herausgegriffen: 41% der Befragten geben dies als ihren bevorzugten Wettbewerbsvorteil an. Damit wird dem Kundenerlebnis im Vergleich zum zweitwichtigsten Faktor «operative Effizienz» (19%) mehr als die doppelte Bedeutung beigemessen.

Auf die Frage, wie Finanzinstitute von wichtigen Branchentrends wie künstlicher Intelligenz, Automatisierung und dem Fokus auf die Bereitstellung einer starken Kundenerfahrung profitieren werden, antworteten etwas mehr als zwei Fünftel der Teilnehmer (42%), dass «eine Kernplattform in Kombination mit einzelnen Add-on-Applikationen» die populärste und effektivste Software-Strategie sein wird. Nur halb so viele Teilnehmer gaben auf diese Frage entweder «mehrere einzelne erstklassige Plattformen» oder «eine integrierte Front-to-Back-Plattform» an.

Martin Greweldinger, Group Chief Product Officer bei Avaloq, sagte: «Die digitale Transformation der Finanzdienstleistungsbranche hat bereits begonnen. Viele Finanzinstitute begrüssen die deutlichen Vorteile der digitalen und Cloud-basierten Betriebsmodelle wie Business Process as a Service (BPaaS) und Software as a Service (SaaS). Es ist jedoch klar, dass noch grössere Veränderungen bevorstehen, insbesondere in Bezug auf KI, Robotik und Automatisierung. Diese Technologien kombiniert mit der Design-Thinking-Methode werden das Gesamtkundenerlebnis verbessern. Avaloq ist der Meinung, dass dies die Art und Weise der Erbringung der Finanzdienstleistungen in allen Kundensegmenten massgeblich verändern und optimieren wird.

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Wie unsere Studie bestätigt, werden Kreditinstitute in diesem Umfeld zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiterhin auf skalierbare, hocheffiziente und anpassbare digitale Plattformen umstellen. So können sie ihre Businessmodelle an einem sich rasch wandelnden und von der Digitalisierung geprägten Markt zukunftsfähig gestalten. Dank dieser Plattformen können Banken und Vermögensverwalter expandieren und sich nahtlos mit einer Reihe von Dritt- und Fintech-Unternehmen zusammenschliessen.»

Trendstudie Kundendatenmanagement 2019

Vierte Ausgabe der Umfrage erweitert bestehende Themenschwerpunkte Kundendatenmanagement, Datenqualität sowie künstliche Intelligenz/Machine Learning um das Thema Customer Data Platform (CDP).

 

Die mittlerweile zum vierten Mal von der Uniserv GmbH aus Pforzheim durchgeführte Trendstudie Kundendatenmanagement vermittelt einmal mehr einen aktuellen Überblick darüber, in welcher Weise sich Unternehmen im deutschsprachigen Raum derzeit mit den Themenbereichen Customer Experience Management, personalisiertes Zielgruppenmarketing und Kundenservice auseinandersetzen. Nach der Fokussierung auf den Zusammenhang zwischen professionellem Kundendatenmanagement und digitaler Transformation (2016) sowie einer Fokuserweiterung um Datenqualität (2017) und künstlicher Intelligenz/Machine Learning (2018) wurde der Studienfokus in diesem Jahr erneut erweitert – und zwar um das Thema Customer Data Platform (CDP).

Auch 2019 ergeben sich – insbesondere im Vergleich mit den Umfrageergebnissen vergangener Jahre – wieder einige interessante Ergebnisse und Erkenntnisse:

  • 62 Prozent sind mit der Performance und Effizienz ihres Kundendatenmanagements nicht zufrieden. Dies ist zwar ein kleiner Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (66 Prozent), liegt aber immer noch deutlich über dem Wert aus dem Jahr 2017 (55 Prozent).
  • In diesem Jahr gaben 69 Prozent der befragten Unternehmen an, kontinuierlich Maßnahmen zur Optimierung der Datenqualität durchzuführen, ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr (57 Prozent) und sogar noch höher als der Wert vor zwei Jahren (2017: 64 Prozent). Ähnlich sieht es am „anderen Ende“ der Skala aus: In diesem Jahr gaben 19 Prozent der Umfrageteilnehmer an, nur unregelmäßig Optimierungsmaßnahmen zur Datenqualität durchzuführen. 2018 hatten dies noch 28 Prozent der Befragten angegeben.

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  • Genau drei Viertel (75 Prozent) der Umfrageteilnehmer setzen derzeit noch keine Methoden aus dem Bereich Künstliche Intelligenz und Machine Learning im Management von Kunden und Interessenten ein. Im Vergleich zum Vorjahr (83 Prozent) ist dieser Anteil deutlich gesunken.
  • 91 Prozent der Umfrageteilnehmer (2018: 92 Prozent) gehen davon aus, dass die Bedeutung des Themas Kundendatenmanagement weiter steigen wird.
  • 48 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, den Begriff Customer Data Platform (CDP) zu kennen. 45 Prozent der Befragten, die den Begriff kennen, haben allerdings noch kein konkretes Projekt in diesem Bereich begonnen. Rund ein Drittel (34 Prozent) befindet sich in der Recherche. Ein Fünftel der befragten Unternehmen (21 Prozent) beschäftigt sich konkret mit dem Thema bzw. hat bereits eine CDP im Einsatz.

An der Studie, die von der Firma GROHMANN BUSINESS CONSULTING durchgeführt wurde, beteiligten sich 154 (2018: 143) Fach- und Führungskräfte aus deutschen Unternehmen. Die erneut gestiegene Teilnehmerzahl unterstreicht die Bedeutung eines professionellen Managements von Geschäftspartnerdaten.

Der Ergebnisbericht der Trendstudie Kundendatenmanagement 2019 steht hier zum Download zur Verfügung.

Umfrage: Banken fordern höhere Zinsen und weniger Regeln

Nach dem Willen der EZB bleiben die Nullzinsen im Euroraum noch mindestens bis 2020 bestehen. Viele Banken stellt das vor ernsthafte Probleme. 80 Prozent der Institute sagen, dass die Zinsen steigen müssen, damit sie wieder Geld verdienen. Drei Viertel verlangen von der Politik, Banken besser zu schützen und mehr zu deregulieren. Das geht aus einer Umfrage der Software-Firma Camunda hervor. 102 Führungskräfte und Projektleiter wurden befragt.

Die schwachen Erträge wirken sich auch darauf aus, wie schnell die Banken ihre Geschäfte digital umgestalten können. 59 Prozent der Institute geben an, dass ihnen die finanziellen Spielräume dafür fehlen – Mittel, die sich auch wegen der Nullzinspolitik nur noch schwer verdienen lassen. Viele gesetzliche Vorschriften, die von den Geldhäusern derzeit umgesetzt werden müssen, erhöhen den Druck zusätzlich. 76 Prozent erklären, dass zu viel Regulatorik sie daran hindert, sich um die digitale Transformation zu kümmern. „Jetzt rächt sich, dass viele Banken bei ihrer Kern-IT auf fremde Hilfe angewiesen sind“, sagt Jakob Freund, CEO von Camunda.

Die Institute kämpfen beispielsweise mit der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie PSD II. Wenn die Kunden einverstanden sind, dürfen auch andere Unternehmen als die Hausbank auf ihre Konten zugreifen und sogar elektronisch Zahlungen auslösen. Verbraucher benötigen so etwa nur eine einzige App, um alle ihre Konten auf einen Blick zu verwalten. Gleichzeitig sollen besonders starke Authentifizierungen dafür sorgen, dass Geld zu überweisen sicherer wird. Doch dafür mussten die Banken teils tief in die eigenen IT-Systeme eingreifen und digitale Schnittstellen bereitstellen. Am 14. September 2019 läuft die Frist dafür ab. „Die Systeme zu öffnen, ist deshalb so aufwendig, weil die die Kernbank-IT dafür nicht ausgelegt ist“, so Freund.

Viele Banken rechnen wohl damit, dass sie künftig eher häufiger als seltener ihre IT anzupassen haben. Sie steuern daher jetzt um. 71 Prozent der Geldhäuser sind dabei oder planen konkret damit, ihre IT-Abteilungen so auszubauen, dass sie Software auch selbst entwickeln können. Zwei Drittel setzen dafür sogar auf eine eigenständige Abteilung. „Software selbst entwickeln zu wollen, ist die richtige Strategie“, erklärt Camunda-Chef Jakob Freund. „Global Player wie Goldman Sachs sehen sich selbst schon seit Jahren eher als Technologiefirmen und nicht allein als Bank.“

Über die Umfrage

Im Mai 2019 hat Camunda 102 Führungskräfte und Projektleiter in Banken über die digitale Transformation befragt. Die Antworten wurden online gegeben. Die Ergebnisse können hier angefordert werden…

Studie: Negative Entwicklung im deutschen Retailbanking setzt sich fort

  • Ertragspotenzial 2017 auf niedrigstem Stand der Dekade
  • Ohne Gegenmaßnahmen negative Prognose im Fünfjahreshorizont
  • Forcierte digitale Transformation notwendig

Die negative Entwicklung des Privatkundengeschäfts – eines der zentralen Geschäftsfelder deutscher Banken – hat sich im Jahr 2017 weiter fortgesetzt und für die laufende Dekade einen neuen Tiefpunkt bei Ertragslage und Ergebnis erreicht. Dabei ist es den Instituten trotz positiver Wirtschaftslage sowie der Anstrengungen, ihr Geschäft rentabel zu gestalten, in Summe nicht gelungen, die anhaltenden Belastungen aus Zinsumfeld, Digitalisierung und Regulierung zu kompensieren. Prognostiziert man Ertrags- und Ergebnisentwicklung auf Basis makroökonomischer Einflussfaktoren, dann zeigt sich das Ausmaß der notwendigen Gegenmaßnahmen. Ohne fundamentale Transformationen im Geschäftssystem werden die deutschen Banken das Privatkundengeschäft auf absehbare Zeit nicht profitabel betreiben können. Zu diesem Ergebnis kommen detaillierte Szenarioanalysen der aktuellen Privatkundenstudie von zeb. Der Berater der europäischen Finanzindustrie für Strategie- und Managementfragen hatte im Sommer 2018 zum 18. Mal den wirtschaftlichen Zustand sowie Entwicklungen im deutschen Privatkunden-Bankgeschäft analysiert und daraus Branchenimplikationen abgeleitet.

Entwicklung im deutschen Retailbanking setzt sich fort

Beliefen sich die Erträge zu Beginn der Dekade noch auf fast 55 Mrd. EUR, so sind sie zum Ende des Jahres 2017 auf rund 50,1 Mrd. EUR gesunken. Dies ist ganz wesentlich das Ergebnis eines Verlustes von ca. der Hälfte der Einlagenerträge, die 2010 noch ca. ein Viertel, d. h. 14,6 Mrd. EUR der Gesamterträge ausmachten. Ein derartiges Abschmelzen der Ertragsbasis resultierte in 2017 in einem Branchenergebnispool von gerade noch ca. 2 Mrd. EUR.

Die negative Entwicklung droht sich bis zum Jahr 2022 weiter fortzusetzen. Bis dahin erwarten die zeb-Experten auf Basis makroökonomischer Zukunftsszenarien und des Geschäftsmix im Privatkundengeschäft ein Absinken des Ertragspotenzials mit Privatkunden in Deutschland auf dann 45,6 Mrd. EUR. Bei einer leichten tendenziellen Normalisierung der Risikokosten und ohne weitere Verbesserungen der Kostenbasis resultieren in einem zeb-Fünfjahresszenario substanzielle Verluste. Ohne Gegenmaßnahmen dürfte das Ergebnis im deutschen Privatkundengeschäft in den nächsten fünf Jahren auf dann fast -6 Mrd. EUR sinken.

Ulrich Hoyer, Partner bei zeb und Spezialist für das Retailbanking, führt aus: „Unsere Einschätzung des Ertragsentwicklungstrends im Retailbanking bleibt leider negativ. Wenn man die daraus resultierende Ergebnislücke in einer Planung und Agenda für die nächsten Jahre nicht durch Hoffnung auf Besserung des Zinsumfelds schließen möchte, bleibt nur ein beherzter Umbau des Geschäftssystems.“ Setze man nur auf den Kostenhebel, wären z. B. für eine Stabilisierung auf dem Ergebnisniveau von 2017 effektive Kostensenkungen von 16 % notwendig.

Ein derartig einseitiges Programm könnte für einzelne Spieler zu einem Hase-Igel-Rennen zu werden, in dem Verbesserungen der Kostensituation durch Ertragsverluste überkompensiert werden. Dieses gilt insbesondere dann, wenn Anbieter die Verschiebungen im Kaufverhalten ihrer Kunden unterschätzen und in der Folge unterproportional in die Entwicklung digitaler Angebote investieren. Hierzu erläutert Dr. Marc Buermeyer, Co-Leiter der zeb-Practice Group Retailbanking: „Marktforschungsbasierte zeb-Analysen zeigen, dass mehr als die Hälfte der heutigen Branchenerträge in den nächsten fünf Jahren über zumindest teilweise digitale Kaufprozesse neu verteilt werden. Wer hier kein adäquates Angebot vorlegen kann, dem droht mittelfristig der Verlust existenzsichernder Wettbewerbsfähigkeit“, das Schicksal des Hasen.

Eine zukunftsgerechte Managementagenda erfordert eine vom Kunden gedachte Weiterentwicklung digitaler Angebote und Interaktionsplattformen – sowohl für das Daily Banking als auch für die langfristige Finanzoptimierung. Diese neuen digitalen Angebote und Vertriebsgrundlagen sind am veränderten Ertragspotenzialmix auszurichten. Sie müssen Grundlagen zur Absicherung des Provisionsgeschäfts werden und auf das Kreditgeschäft ausgerichtet sein. Mithin werden zunächst noch nachgelagert priorisierte „Kunden-Journeys“ für Kredit oder Wertpapier aktuell ein zunehmend digitalisierter Teil von Omnikanal-Banking.

Banken stehen dabei deutlich wahrnehmbar zunehmend im Wettbewerb nicht nur mit FinTechs, sondern insbesondere auch mit Big-Tech- oder Aggregatorplattformen. Internationale Beispiele zeigen die Potenziale der Digitalisierung für etablierte Banken. So nutzt z. B. im US-amerikanischen Markt ein wahrnehmbarer Anteil der Kunden virtuelle Assistenzsysteme, die man aus anderen Bereichen des Alltags bereits kennt (z. B. bei der Bank of America im ersten Quartal nach der Einführung 3,5 Mio. Kunden), oder einen Robo Advisor (mit über 30 bzw. 100 Mrd. EUR Assets under Mangermennt bei Vaguard und Charles Schwab), der auch im deutschen Markt sukzessive Fuß fasst. Die für die digitale Transformation notwendigen Investitionen sind in der finanziellen Planung ebenso vorzusehen wie ggf. teilweise durch Ertrags- und Kostenmaßnahmen zu verdienen. Pricing- oder Vertriebsmobilisierungspotenziale als Ansatzpunkte hierfür lassen sich erfahrungsgemäß auch 2018 noch regelmäßig finden.

Aus Sicht der Allgemeinheit gibt es in diesem harten Wettbewerb im Privatkundengeschäft jedoch durchaus einen Silberstreif am Horizont. Der Wettbewerb, sowohl zur Bestandssicherung als auch um das Neugeschäft, zwingt alle Anbieter dazu, sich immer stärker am Nutzen ihrer Leistungen für die Kunden auszurichten. Die hohe Veränderungsdynamik wird deshalb in den kommenden Jahren nicht nur für Kunden eine stetige und zügige Verbesserung der Bankleistungen und -services mit sich bringen, sondern auch stärkere Umschichtungen bei der Verteilung des Ertragspotenzials zur Folge haben. Zumindest für die schnellen, technologisch innovativen und eng am Kundenbedarf ausgerichteten Marktteilnehmer ist das eine Chance im rückläufigen Markt.

 

digital pulse check 3.0: Banken müssen Kunden digital überzeugen

Digitalisierung ist seit Jahren ein Top-Thema für Europas Banken. Dennoch gibt es auf dem Weg vom strategischen Ziel zur erfolgreichen Umsetzung noch erheblichen Handlungsbedarf. Innovative Angebote für Kunden, agile Vorgehensmodelle oder digitale Unternehmenskulturen bleiben weiter Ausnahmen. Dies zeigt der aktuelle zeb.digital pulse check 2018.

zeb.digital pulse check 3.0

Europäische Kreditinstitute kommen bei der digitalen Transformation ihrer Geschäftsmodelle voran, wenn auch in kleinen Schritten und mit Fokus auf die bestehenden Geschäftsmodelle. Disruptive Ideenansätze oder Innovationen dagegen werden bisher kaum umgesetzt. Dies ist ein zentrales Ergebnis des aktuellen digital Pulse Check von zeb. Die Strategie- und Managementberatung, spezialisiert auf die europäische Financial-Services-Industrie, hatte im Sommer zum dritten Mal in Folge den Stand der Digitalisierung der Bankbranche untersucht. Um die Kundenperspektive der Bankenentwicklung gegenüberzustellen, wurden für die aktuelle Studie zudem über 1.000 Endkunden in Deutschland befragt.

„Der aktuelle Pulse Check zeigt, dass Strategie und Umsetzung der Banken bei der digitalen Transformation noch weit auseinanderliegen“, so Dr. André Ehlerding, Initiator der Studie und Senior Partner bei zeb. „Kunden finden bisher kaum innovative Angebote, die über das Basisproduktportfolio hinausgehen, und werden zu selten direkt in die Entwicklung neuer Produkte einbezogen. Moderne, agile Zusammenarbeitsmodelle sind kaum etabliert. Banken müssen ihre internen Prozesse schneller optimieren und ihre Daten konsequent für sich nutzen. Dann haben sie eine gute Chance, gegen neue digitale Wettbewerber am Markt zu bestehen.“

Bessere Umsetzung durch messbare Strategie

Im Einzelnen ergab der zeb.digital pulse check, dass 79 % der Banken mittlerweile über eine digitale Strategie verfügen, diese jedoch nur bei einem Drittel der Institute mit konkreten Maßnahmen unterlegt ist. Lediglich ein Viertel misst zudem die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen. Der Fokus der Strategie liegt dabei auf der Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells, nur ein Fünftel plant disruptive Veränderungen. Insgesamt zeigt die Studie, dass jene Institute, die ihre Strategie operationalisieren und messbar machen, bei der Umsetzung deutlich weiter vorangekommen sind als andere Häuser.

Innovative Angebote nur bei wenigen Banken

Im Vergleich zum letzten Pulse Check 2017 haben die Banken bei der Onlineabschlussfähigkeit ihrer Produkte kaum Fortschritte gemacht. Nur jede zweite Bank bietet ihren Kunden ein umfassendes Angebot an Produkten und Services online an. Hingegen ist 72 % der befragten Kunden ein umfängliches Onlineangebot bei der Beurteilung ihrer Bankbeziehung wichtig. Komplexe Produkte sind deutlich seltener onlineabschlussfähig als z. B. einfache Girokonten und Sparprodukte. Dabei würden 25 % der Kunden sogar komplexere Produkte gerne online abschließen. Innovativere Leistungen, wie digitale Vertragsmanager, individualisierte Kredite oder Robo Advisory, werden nach Ergebnissen der Studie nur von den Instituten mit dem höchsten Digital-Performance-Index angeboten. Diese von zeb entwickelte Kennzahl misst den digitalen Reifegrad der Finanzinstitute.

Kundensicht zu wenig einbezogen

50 % der Kunden haben in den vergangenen zwölf Monaten keinen großen Fortschritt bei der Digitalisierung der Leistungen ihrer Hausbank erkannt. Dies mag auch daran liegen, dass zwei Drittel der Banken ihre Kunden nicht aktiv in die Produktentwicklung einbezieht. Obwohl Kunden ein friktionsfreier Kanalwechsel wichtig ist, um Produkte übergreifend abrufen zu können, ermöglichen dieses erst 6 % der Unternehmen über das gesamte Produkt- und Serviceportfolio. Ebenso ist die systematische Onlinevermarktung nach Ansicht der Studienautoren ein wichtiges Entwicklungsfeld. Lediglich ein Viertel der Institute ist hier im Rahmen einer eigenen Onlinemarketingstrategie unterwegs.

Nachholbedarf bei Prozessen und Datenmanagement

Digital affine Kunden wollen ihre Produkte in Echtzeit abschließen. Ein wichtiges Kriterium ist deshalb die Dauer für die Abwicklung eines Onlineprozesses. Aktuell sind lediglich 15 % der Institute tatsächlich in der Lage, ein Giro- oder Sparkonto innerhalb von 15 Minuten zu eröffnen. Erst 50 % der Banken haben „mobile first“ zum Prinzip für die Gestaltung des eigenen Onlineangebots bestimmt und ihre Prozesse konsequent darauf ausgerichtet. Stark ausbaufähig ist nach Ansicht der Studienautoren die systematische und aktive Nutzung der verfügbaren Daten. Nur 40 % der befragten Finanzinstitute managen ihre Daten aktiv und schaffen damit die Grundlage für ein besseres Verständnis des Verhaltens und der Bedürfnisse ihrer Kunden sowie einer daran ausgerichteten Optimierung von Leistungsangebot, Marketing und Interaktionsprozessen.

Führungskräfte als Digital Leader

Einen Schwerpunkt des diesjährigen Pulse Check bildete erneut das Themenfeld Management & Organisation. Die letzten Erhebungen hatten gezeigt, dass es bei Banken kaum digital fokussierte Führungskräfte und Anreizsysteme gibt, um die Digitalisierung in den einzelnen Häusern zielgerichtet voranzutreiben. Dies hat sich im aktuellen Pulse Check nicht geändert. Nach wie vor ist die Entwicklung digitaler Kompetenz zu unbestimmt und nicht konkret festgelegt. Bei 46 % der Banken spielen Digitalisierung in den Anreiz- und Vergütungssystemen keine Rolle. Agile Arbeitsmodelle, wie in Start-ups weit verbreitet, werden bei nahezu zwei Drittel der teilnehmenden Banken nicht angewandt, und lediglich in 10 % der Institute handelt die Mehrheit der Führungskräfte tatsächlich als Digital Leader.

Dr. André Ehlerding bemerkt abschließend: „Banken sehen sich einem wachsenden Finanzdienstleistungsangebot von Non-Banking-Plattformen ausgesetzt. Die Häuser richten sich darauf ein. Sie wissen, sie müssen ihre Kunden digital überzeugen. Ein Drittel der Institute hat vor, ein eigenes Ökosystem aufzubauen oder ist bereit, sich an entsprechenden Plattformen zu beteiligen. Kunden sind mehrheitlich der Meinung, dass Banken sich auf Finanzdienstleistungen oder verwandte Bereiche konzentrieren sollten und damit Vorteile bieten können.“

 

Studie und Infografik: Mehrheit der IT-Abteilungen zu passiv, unflexibel und nicht innovativ genug

Die IT verändert sich rasant: Digitalisierung, Robotics, Artifical Intelligence, und die Notwendigkeit einer stärkeren Flexibilität und einer höheren Geschwindigkeit wirken sich auf die Rolle der IT im Unternehmen aus. In vielen Unternehmen wird von der IT gefordert, dass sie sich von einem klar strukturierten und auf Kosteneffizienz ausgerichteten Service-Anbieter zu einem integralen Treiber der digitalen Transformation weiterentwickeln soll.

Für die branchenübergreifende Studie Adaptive IT – Die IT-Organisation im Wandel wurden im Zeitraum April bis Mai 2018 von Horváth & Partners rund 190 Unternehmensentscheider in Deutschland, Österreich und der Schweiz online befragt. Ziel der Studie war es, die aktuelle Wahrnehmung und die zukünftige Rolle der IT-Organisation in Unternehmen zu untersuchen.

Einige Kernergebnisse im Überblick:

  • 96 Prozent der befragten Entscheider sind sich einig, dass die Bedeutung der IT innerhalb der Gesamtorganisation in den nächsten drei Jahren stark zunehmen wird
  • Allerdings wird in 77 Prozent der Unternehmen die IT aktuell als eine rein technische Funktion wahrgenommen
  • Nur 10 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die IT in der Lage ist, flexibel auf Anforderungen der Fachbereiche einzugehen.
  • Lediglich 6 Prozent der Unternehmen geben an, dass im IT-Bereich proaktiv Innovationen für die Fachbereiche erarbeitet werden
  • Nur jeder Zehnte sieht die IT uneingeschränkt als eine kundenorientierte Serviceorganisation

Diese Ergebnisse zeigen, dass der IT-Bereich in der Wahrnehmung vieler Entscheider nicht ausreichend schnell auf neue Anforderungen reagiert oder daran scheitert, innovative Lösungen bereitzustellen. Die IT in vielen Unternehmen wird also häufig nicht als Adaptive IT und damit auch nicht als eine kundenorientierte Serviceorganisation wahrgenommen. Vier hauptsächliche Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung der IT als kundenorientierte Service-Organisation konnten im Rahmen der Studie identifiziert werden:

  • Die IT wird als Gestalter der digitalen Transformation im Unternehmen wahrgenommen
  • Die IT denkt in den Geschäftsprozessen des Unternehmens
  • Die IT erarbeitet proaktiv Innovationen für die Fachbereiche
  • Die IT ist in der Lage flexibel auf die Anforderungen der Fachbereiche einzugehen

Für die Entwicklung zur Adaptiven IT sind grundlegende Veränderungen notwendig. IT-Organisationen sollten sich weniger auf den reinen IT-Betrieb konzentrieren, sondern vielmehr innovative IT-Lösungen entwickeln, die Automatisierung von Geschäftsprozessen vorantreiben, und sich grundsätzlich agiler aufstellen. Um flexibel auf Anforderungen eingehen zu können und die Digitalisierung der Organisation proaktiv mit Innovationen zu gestalten, muss die IT die Geschäftsprozesse des Unternehmens und den möglichen eigenen Wertbeitrag zu diesen Prozessen genau kennen. Wenn eine IT diese Voraussetzungen erfüllt, kann sie den wachsenden Anforderungen an ihre Rolle im Unternehmen in Zukunft gerecht werden.

Infografik_Adaptive_IT_2

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