Studie „Banken und Finanzdienstleister 2023“: Finanzbranche rechnet mit weiteren Gewinnsteigerungen

Im Zuge der Zinssteigerung konnten die Banken ihre Erträge in den vergangenen Monaten steigern, vor allem durch höhere Zinseinkünfte. Für das Gesamtjahr 2023 rechnen die Kreditinstitute hier mit einem Plus von durchschnittlich 8,3 Prozent. Dazu kommen steigende Provisionen- und Gebühreneinnahmen (+4,1%).“ Auch die Risikovorsorge wird unverändert mit moderaten 1,2 Prozent kalkuliert, da in den Vorjahren bereits ein Puffer für mehr Flexibilität angelegt wurde. Im Real-Estate-Geschäft werden auch keine relevanten Ausfälle erwartet – und so gehen die Institute im Trend weiterhin von einem Gewinnanstieg aus“, sagt Frank Schindera, Partner bei der Managementberatung Horváth mit Blick auf die Ergebnisse der aktuellen Branchenstudie „Banken und Finanzdienstleister 2023“, für die über 80 Vorstandsmitglieder von Kreditinstituten und anderen Finanzdienstleistern befragt wurden.

Die Institute rechnen der Studie zufolge damit, das laufende Jahr insgesamt mit etwa 7,1 Prozent mehr Umsatz abzuschließen. 2024 wird allerdings mit einem abschwächenden Wachstum gerechnet, das erwartete Plus liegt nur bei 5,3 Prozent. Der Grund sind steigende Personal- und Verwaltungskosten, die die Gewinne schmälern. „Für das laufende Jahr wird zwar nur ein 4,5-prozentiger Anstieg der Personalkosten angenommen. Mittelfristig werden Fachkräftemangel und Zinssteigerungen aber zu Lohnerhöhungen führen. Da rücken Preis- und Umsatzmodelle wieder in den Fokus, und sollten besser früher als später optimiert werden“, so der Horváth-Experte.

Personalmangel spitzt sich bis 2030 zu

Die für die Studie befragten Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder gehen davon aus, dass sich der Personalmangel, der schon jetzt zu eingeschränkten Öffnungszeiten von Filialen führt, bis 2030 weiter zuspitzt. Einen regelrechten Peak erwarten die befragten CxOs im Zeitraum 2026 bis 2028. Auch danach wird noch von einer weiteren Ausdünnung der Personaldecke ausgegangen, bis sich die Situation ab 2030 langsam entspannen wird. „Die fortschreitende Automatisierung hat das Potenzial, den Personalmangel zu lindern – doch dafür werden dringend Fachkräfte benötigt“, fasst Horváth-Partner Frank Schindera das Dilemma zusammen. Der Experte plädiert für mehr Engagement im Bereich Employer Branding, Personalentwicklung, HR-Arbeit.

Automatisierung hat oberste Priorität fürs Management

Immerhin: Die Führungskräfte haben das Potenzial erkannt. Die digitale Transformation inklusive der Automation führt das Ranking der Managementprioritäten für 2023 klar an. Den größten Effekt sehen die befragten Topführungskräfte in der Beratung. Acht von zehn Befragten sehen zudem enorme (Effizienz-)Vorteile für den Bereich Controlling/Finance. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Frage nach dem Potenzial von KI-Anwendungen. Diese werden aus Sicht der Branchenexperten und -expertinnen vor allem die interne Administration positiv verändern (70 Prozent) sowie den Kundenservice (60 Prozent). „Eine Optimierung von Kostenstrukturen sowie Preis- und Erlösmodellen schafft im Idealfall finanziellen Freiraum für die anstehenden Automatisierungsprojekte“, so Horváth-Partner Frank Schindera.

An zweiter Stelle der Managementprioritäten steht ein weiteres Digitalthema, nämlich Cyber Security. 29 Prozent der Institute geben an, in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von mindestens eine Cyberattacke gewesen zu sein, die wesentlichen Schaden nach sich gezogen hat. Sowohl Prävention als auch Cyber Resilience bleiben also ebenfalls „Chefsache“. Personalthemen rangieren an dritter Stelle, gefolgt von Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeit vor dem „next Level“

„In Bezug auf Nachhaltigkeit haben die Institute im Vergleich zum Vorjahr viel getan und dazugelernt. Bislang steht allerdings vor allem die eigene Klimabilanz sowie die Erfüllung regulatorischer Vorgabe im Fokus. Für das ,next Level‘, die Scope-3-Emissionen zu messen und zu reduzieren, fehlt es vielen Instituten noch an strategischen Lösungsansätzen zur Integration in Geschäftsziele und Steuerungsmodelle“, konstatiert Frank Schindera von Horváth. Als Grund für den verhaltenen Fortschritt macht der Experte die hohe Komplexität und Unsicherheit in Bezug auf künftige gesetzliche Vorgaben sowie fehlende Daten und mangelnde Transparenz in Bezug auf Kreditnehmer und Fondsanbieter aus. „Die Institute müssen sich dennoch dringend mit dem Thema beschäftigen und eigene praktikable Lösungen entwickeln.“

Über die Studie
Für die Horváth-Studie „Banken und Finanzdienstleister 2023“ wurde eine repräsentative Auswahl an Vorstandsmitgliedern aus Kreditinstituten und weiteren Finanzdienstleistern befragt. Die Stichprobe umfasst über 80 Befragte, mit denen persönliche Tiefeninterviews geführt wurden. Diese fanden im Rahmen der großangelegten internationalen Horváth-Studie „CxO Priorities 2023“ statt, für die insgesamt über 430 Topmanagerinnen und -manager aus 19 Ländern und 13 Branchen befragt wurden.

Deutsche Banken verschlafen Digitalisierung

Technologiedienstleister Expleo hat 1.032 Manager befragt – Wettbewerber im Ausland auf Zack

Deutsche Finanzdienstleister gehen den digitalen Wandel im internationalen Vergleich zu langsam an. Das belegt der „Business Transformation Index“ des Technologiedienstleisters Expleo, für den weltweit 1.032 Führungskräfte befragt wurden.

Mentalitätsproblem „Fail fast“

„Banken und Versicherungen in Deutschland wollen die Digitalisierung vorantreiben. Aber sie handeln zu zögerlich – gerade im Vergleich zu Unternehmen, die ihren Sitz in den international führenden Finanzmärkten haben“, sagt Ralph Gillessen, Executive Board Member bei Expleo. Der Wettbewerb sei nicht nur schneller, er verfolge auch ehrgeizigere Ziele.

Während fast 60 Prozent der Führungskräfte aus Großbritannien den digitalen Wandel schneller angehen würden als die Konkurrenz, liegt der Wert in Deutschland mit 47 Prozent deutlich niedriger. „Banken und Versicherungen scheuen bei digitalen Projekten den agilen, schnellen Ansatz. ‚Fail fast‘ passt halt weniger zur deutschen Mentalität“, so Gillessen.

Know-how und Personal fehlen

Laut der Erhebung fühlen sich ausländische Unternehmen bei digitalen Projekten vor allem von Kunden getrieben. Bei deutschen Unternehmen dominiert eher der Kostendruck (55 Prozent), gefolgt von veralteter Software (45 Prozent). Kunden rangieren mit 44 Prozent erst an dritter Stelle. Ein zentrales Problem: Es fehlt den Unternehmen an Know-how und Personal (80 Prozent).

„Die internen IT-Kapazitäten sind vielerorts am Limit, die Finanzdienstleister schaffen es kaum noch, tagesaktuelle Projekte abzuwickeln. Da bleiben die wichtigen Zukunftsthemen auf der Strecke“, weiß Gillessen. 45 Prozent der deutschen Finanzdienstleister wollen erst einmal ihre digitale Strategie festzurren. Oben auf der Prioritätenliste stehen für sie zudem die Themen Cloud Infrastructure, Business Intelligence Systems, Cyber Security und Prozessautomatisierung.

Studie zu Lage und Perspektiven der Kreditwirtschaft – Deutschlands Banken befinden sich im Auge des Sturms

  • Nach gut zehnjähriger Talfahrt können die Kreditinstitute ihre Eigenkapitalrendite zum zweiten Mal in Folge auf nunmehr 3,2 Prozent steigern
  • Wirken Banken nicht entgegen, droht ihre Profitabilität aufgrund von Inflation und Rezession mittelfristig wieder deutlich zu fallen
  • Eine Rendite von 7 bis 9 Prozent ist in diesem turbulenten Umfeld 2026 machbar, wenn Institute ihre Transformation forcieren und Geschäftsmodelle optimieren
  • Acht Stellhebel – vom Ausbau des ESG-Geschäfts bis hin zur vermehrten Nutzung von Web3-Technologien – stehen im Fokus

Hinter Deutschlands Banken liegt ein stürmisches Jahrzehnt, geprägt von den Folgen der globalen Finanzkrise, den Euro-Turbulenzen, dauerhaft niedrigen Zinsen und fortschreitender Digitalisierung. Trotz aller Transformationsanstrengungen sank die Eigenkapitalrendite unaufhörlich. Dagegen ist sie 2021 zum zweiten Mal in Folge gestiegen – und das gleich um 2,1 Prozentpunkte auf 3,2 Prozent. In der Studie „Deutschlands Banken 2022: Im Auge des Sturms“ befasst sich die internationale Unternehmensberatung Bain & Company mit dem jüngsten Aufwärtstrend, analysiert mögliche Auswirkungen von konjunktureller Talfahrt, Inflation und Zinswende auf die Rendite bis 2026 und zeigt auf, wie Kreditinstitute in puncto Profitabilität dennoch weiter zulegen können.

Insbesondere zwei Faktoren haben den jüngsten Renditeanstieg begünstigt: eine im Vergleich zum Rezessionsjahr 2020 deutlich niedrigere Kreditrisikovorsorge und eine Steigerung des branchenweiten Provisionsüberschusses um 17 Prozent auf 38,3 Milliarden Euro. Dabei profitierten die Banken von einem lebhaften Wertpapiergeschäft, der vermehrten Vermarktung von Leistungen Dritter sowie der Abkehr von kostenlosen Bankservices im Retail-Geschäft. „Die deutschen Kreditinstitute haben ihre traditionelle Abhängigkeit von zinstragenden Geschäftsfeldern verringert“, erklärt Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie. „Das ist ein sichtbarer Erfolg ihrer Transformation.“

Zahl der Institute und Filialen geht weiter zurück

Fortschritte sind auch bei der Straffung des Filialnetzes und beim Thema Konsolidierung erkennbar. Binnen eines Jahres sank die Zahl der Zweigstellen um fast 9 Prozent auf nunmehr 18.600, da viele Banken nach den pandemiebedingten Schließungen einen Teil ihrer Filialen nicht wiedereröffneten. Die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland ging um gut 4 Prozent auf knapp 1.440 zurück. Insbesondere bei den Kreditgenossenschaften und Sparkassen ist es zu weiteren Zusammenschlüssen gekommen.

Allerdings könnte die Renditeerholung den Bain-Analysen zufolge von kurzer Dauer sein. Im Jahresverlauf 2022 hat sich ein Sturm aus hoher Inflation, konjunktureller Talfahrt, geopolitischen Spannungen und weiterhin gestörten Lieferketten zusammengebraut. Ohne Gegensteuern droht den Banken daher in den kommenden fünf Jahren ein erneuter Rückgang ihrer Eigenkapitalrendite – und zwar auf 1,6 bis 1,7 Prozent. „Die erhofften positiven Effekte der Zinswende werden vorerst ausbleiben“, konstatiert Bain-Partner und Co-Autor Sebastian Thoben. „Während die Banken bereits kurzfristig höhere Finanzierungskosten verkraften müssen, wirken sich die steigenden Zinsen bei den Erträgen erst nach und nach aus.“ Denn bei vielen Krediten gebe es eine langfristige Zinsbindung.

Drohender Renditerückgang erfordert konsequentes Handeln

Machtlos sind die Banken in dieser Situation jedoch keineswegs. Eine weitere Modellrechnung im Rahmen der Studie zeigt, dass sowohl Zins- als auch Provisionserträge steigen und die Kosten sinken deutlich, wenn Kreditinstitute entschlossen handeln. Dazu gehört, die Transformation zu forcieren, die Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und auch anorganische Optionen zu nutzen. „Setzen die Banken in den kommenden fünf Jahren alle Hebel in Bewegung, sind 7 bis 9 Prozent Rendite machbar“, so Branchenkenner Thoben. Damit würden die Institute wieder ihre Kapitalkosten verdienen (Abbildung).

In der Bain-Studie sind acht Stellhebel aufgeführt, mit deren Hilfe sich dieser Anstieg bis 2026 erreichen lässt. Auf der Ertragsseite bilden der zügige Ausbau des ESG-Geschäfts sowie das Wachstum „Beyond Banking“ Schwerpunkte. Schon heute binden erste Institute Firmenkunden mit zusätzlichen Dienstleistungen wie etwa Buchhaltungsservices verstärkt an sich. Positiv würde sich auch eine systematische Syndizierung und Verbriefung von Firmenkrediten auswirken. Nach Bain-Berechnungen könnten allein die großen Banken in Deutschland damit rund vier Milliarden Euro höhere Zins- und Provisionsüberschüsse erzielen.

Automatisierung und Digitalisierung bleiben Schlüssel zum Erfolg

Entscheidend für höhere Renditen sind aber vor allem Fortschritte auf der Kostenseite. Allein die Fortführung und Intensivierung der Effizienzprogramme kann bereits einen Anstieg der Eigenkapitalrendite um gut 2 bis nahezu 3 Prozentpunkte bewirken. Dies bedingt insbesondere eine forcierte Automatisierung und Digitalisierung. Zusätzliches Einsparpotenzial bietet die vermehrte Nutzung von Web3-Technologien wie Blockchain oder Smart Contracts. Durch deren Einsatz unter anderem bei Kreditvergabe, Leasing, Asset Services und im Cash Management lassen sich die Kosten im Firmenkundengeschäft um gut ein Viertel senken. Auch in anderen Geschäftsbereichen sind prozentual zweistellige Einsparungen realisierbar.

Mit der Modernisierung ihrer IT haben Deutschlands Banken eine gute Basis geschaffen, um solche Technologien zügig und flächendeckend zu verwenden. Aus Sicht von Bain-Deutschlandchef Sinn gilt es nun den nächsten Schritt zu gehen: „Die Banken sollten noch konsequenter neue Technologien nutzen, neue Märkte erschließen und alte Zöpfe abschneiden.“ Eine Bereinigung des Geschäfts- und Kreditportfolios sei vielerorts unumgänglich. Das turbulente Umfeld dürfe Banken nicht von solchen Maßnahmen abhalten. Und er betont: „Wenn Banken jetzt die Segel richtig setzen, werden sie zu den Gewinnern von morgen gehören – mit höheren Erträgen, niedrigeren Kosten und einer Rendite, die sich zumindest auf dem Niveau ihrer Kapitalkosten bewegt.“

Banken-Ausblick 2023: Inselkette statt Insellösung

Die Bankenbranche steht vor einem Richtungswechsel: Fintech-Töchter und isolierte Digitalisierungsprojekte auf der grünen Wiese stehen auf dem Prüfstand. Künftig stehen wieder langfristig tragfähige Geschäftsmodelle und der ROI im Fokus. Damit verlagert sich der Schwerpunkt der digitalen Transformation nach innen und unterstützt die Bank bei ihren Kernaufgaben. Und das sind die vier zentralen Handlungsempfehlungen für einen erfolgreichen Innovationskurs im neuen Jahr.

„Viele Banken haben in den vergangenen Jahren digitales Neuland beschritten. Längst nicht alle Projekte rentierten sich finanziell, dennoch: Es ist weiterhin wichtig und richtig, innovative Lösungsansätze zu testen“, sagt Valentino Pola, Vorstandsmitglied der auf Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmensberatung Cofinpro. Vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen verschiebt sich nun der Fokus. Seine Marktbeobachtung: „Es wird wieder Zeit, sich um den konstanten Grundbedarf von Bank-Dienstleistungen zu kümmern und die erfolgreich validierten Produkte und Services aus dem Labor in die Organisation zu überführen“.

Bankenexperte Pola hat für 2023 vier Trends für die Branche identifiziert:

  1. Der ganzheitliche Blick auf die Bank und ihre Partner am Markt gewinnt an Bedeutung. Digitale Projekte können nicht mehr einzeln betrachtet werden, sondern müssen sich in die Strategie des Gesamthauses integrieren. Banken setzen also nicht mehr auf Insellösungen, sondern fügen die einzelnen Teile zu einer „Inselkette“ zusammen.
  2. Dank der gesammelten Erfahrungen vieler Digitalisierungsprojekte sind die Banken jetzt in der Lage, konsequent zu standardisieren und automatisieren. Damit geht einher: Prozesse verschlanken und Produkte vereinfachen. Vor allem im Hinblick auf den immer gravierenderen Fachkräftemangel wird die umfassende Digitalisierung für Banken substanziell, um ihre Produkte und Services effektiv zu ver- und betreiben.
  3. Damit sich Banken an der Kundenschnittstelle behaupten, müssen sie den Fokus auf wettbewerbsdifferenzierende Aspekte setzen. Produkte und Services werden modular zusammengestellt, um den geforderten Variantenreichtum zu begegnen.
  4. Die Digitalisierung prägt die Kultur und Methodik im Haus. Die rasche Reaktion im Zuge der Corona-Krise hat gezeigt: Auch große Institute können in kürzester Zeit eine bemerkenswerte Flexibilität beweisen. Künftig dreht sich die Frage nicht mehr um Homeoffice oder Büroturm, sondern um neue Entscheidungs- und Führungssysteme, um die Bank als agile Organisation dauerhaft aufzustellen.

„Der Fachkräftemangel wird bisher in vielen Häusern ignoriert, dabei ist es jetzt schon schwierig, offene Stellen zu besetzen. Diese Situation wird sich in den kommenden Jahren noch drastisch verschärfen“, meint Cofinpro-Vorstand Pola. Banken seien deshalb zu einer konsequenten Digitalisierung gezwungen. Branchenvorreiter seien ausländische Banken mit einem hohen digitalen Reifegrad, bei denen schon heute viele Kundenprozesse einen hohen Automatisierungsgrad vorweisen.

Insgesamt sieht Digitalisierungsexperte Pola die heimische Bankenbranche jedoch in einer guten Position, um die Herausforderungen anzunehmen: „Sie sind stabil genug aufgestellt, um wichtige Veränderungen anzustoßen und eine zukunftsgerichtete Transformation weiterzuführen. Dabei spielt die Skalierungsfähigkeit der Lieferorganisation eine zentrale Rolle, damit die Innovationsgeschwindigkeit dort weiter bleibt, wo sie am wichtigsten ist: in den wertgenerierenden Prozessketten.“

Studie: Drei von vier Banken trotz Corona guter Dinge; Banking of Things: Die Kunden der Zukunft sind Geräte

Im Bankensektor in Deutschland herrscht Zuversicht. 40 Prozent der Banken erwarten, dass sich die Branche bis 2023 besser als die deutsche Gesamtwirtschaft entwickeln wird. 37 Prozent rechnen mit einem Wachstum im Gleichschritt mit der Wirtschaft. Viele Institute gehen davon aus, dass die Konjunktur insgesamt wieder anzieht und sie davon wirtschaftlich profitieren. Regulierung und Kosten bleiben allerdings unangenehme Weggefährten. Das ergibt die Studie „Branchenkompass Banking 2021″ von Sopra Steria, für die 100 Entscheiderinnen und Entscheider befragt wurden.

Zu den Gutgelaunten unter den Banken zählen beispielsweise Institute mit einem Fokus auf das Immobiliengeschäft. Die Pandemie hat speziell in diesem Segment mehr genutzt als geschadet. Häuser und Wohnungen auf dem Land wurden 2020 attraktiver und häufiger finanziert. Das Wertpapiergeschäft, vor allem im Retailsegment, erlebte ähnliche Impulse: Deutlich mehr Menschen haben sich im vergangenen Jahr mit dem Thema Aktienhandel befasst. Spezielle Neobroker und einige Direktbanken erleichtern zudem den Einstieg mit einfach zu bedienenden Apps und niedrigen Gebühren. „Kunden und Banken spüren den Niedrigzinseffekt immer stärker. Das löst ein Umdenken bei Beratern und Verbrauchern aus und fördert unter anderem Robo Advisor“, sagt Martin Stolberg, Division Head Banking von Sopra Steria.

Die im Sommer gemessene positive Stimmung in den Banken könnte sich zumindest leicht eintrüben. Im gerade anziehenden Geschäftsfeld Brokerage drohen neue Ertragsausfälle. Ein Verbot sogenannter Payment-for-Order-Flow-Provisionen durch die EU wird wahrscheinlicher. Ein Entwurf wurde Ende November veröffentlicht. Betroffen wären speziell Online-Broker sowie einige Direktbanken. Je nachdem, wie weit die Regulierung greifen wird, könnten auch klassischen Banken im Investmentbanking Bestandsprovisionen wegbrechen.

Die gesamte Bankenbranche arbeitet nicht nur deshalb auf breiter Front am Ausbau ihrer Ertragsposition. Die Mehrheit (59 Prozent) nimmt bis 2023 neue Produkte ins Sortiment und wird dabei verstärkt Leistungen von Drittanbietern vertreiben. Jedes zweite Institut dreht zudem an der Gebührenschraube, 41 Prozent denken über Negativzinsen nach oder haben sie bereits eingeführt.

Als Alternative zur Provision für den Abschluss oder die Bestandspflege wird immer wieder ein Honorar für Beratung ins Spiel gebracht. Zum Befragungszeitpunkt hatten sich 43 Prozent der Institute mit der Einführung von Honorarberatungsmodellen befasst oder Maßnahmen in diese Richtung bereits umgesetzt.

Neue Geschäftsmodelle gesucht

Diese kurzfristigen Maßnahmen sind für die Mehrheit der Banken nur ein Lückenfüller. Drei von vier Instituten suchen generell nach einem neuen Geschäftsmodell und alternativen Ertragsmodellen. 41 Prozent der Befragten rechnen damit, dass Kunden künftig Kreditinstitute bevorzugen werden, die ihnen über digitale Ökosysteme Komplettlösungen für ihre individuellen Bedürfnisse anbieten.

Banken können diese Plattformen beliefern oder selbst Plattformbetreiber sein. 31 Prozent der Institute mit Plattformambitionen bevorzugen die Lieferantenstrategie, 24 Prozent wollen eigene Ökosysteme aufbauen. Die Mehrheit (42 Prozent) fährt einen Hybridkurs und verfolgt beide Strategien. „Die Ergebnisse zeigen, dass viele Banken in der Findungsphase sind und sich nicht festlegen, welche Rolle sie im Markt künftig spielen wollen. Dieses Zögern sollte nicht zu lange dauern, denn ein Tanzen auf allen Hochzeiten kann sehr schnell sehr teuer werden“, sagt Bankenexperte Martin Stolberg.

Automatisieren für mehr Marge

Durch den engeren Spielraum bei den Erträgen werden niedrige Kostenstrukturen noch wichtiger als ohnehin schon. Bei den Sparkassen beispielsweise bewegt sich das Verhältnis von Kosten und Erträgen laut einer Studie von finanz-szene.de bei jedem zehnten Institut in einem ungesunden Bereich. Neue Wettbewerber erhöhen den Druck zusätzlich: „Für jeden kleinen Schritt in einem Kreditprozess gibt es unter den Fintechs mittlerweile Spezialisten. Die holen den letzten Cent oder die letzte Millisekunde Effizienz heraus“, so Stolberg.

Mehr als jedes zweite Finanzinstitut treibt deshalb die Digitalisierung und Automatisierung der Geschäftsprozesse massiv voran. Diese strategische Maßnahme ist erstmals wichtiger als das Gewinnen neuer Kunden und der Ausbau der Service- und Beratungsqualität, so die Studie. Selfservice gilt in der Bankenbranche als regelrechter Effizienz-Booster. Bankkunden verwalten beispielsweise Darlehen und Depots häufiger selbst. Ein Drittel der Befragten rechnet zudem mit Fusionen und Übernahmen. Ziel ist, von Synergien zu profitieren.

Die Kunden der Zukunft sind Geräte

Abseits der Kosten kommen Digitalisierung und Automatisierung immer stärker den Kunden zugute. Bezahlen per Smartphone und NFC-Schnittstelle, biometrische Verfahren zum Identifizieren sowie Videochats und Videoberatung sind mehr oder weniger etabliert bei den Banken. Die Digitalexpertise, die Banken aufgebaut haben, wollen sie in weitere Angebote für Kunden lenken. Ein Geschäftsfeld mit Zukunft sind die Vernetzung in der verarbeitenden Industrie und die entstehenden Daten. Denkbar ist ein Banking of Things, das beispielsweise eine Finanzierung von Maschinen nach dem Pay-per-Use-Prinzip ermöglicht. Ein Drittel der befragten Banken ist im IoT-Geschäft bereits tätig. „Banken könnten zum Manager und Experten für Millionen von Konten und Transaktionen werden. Die ‚Kunden‘ der Zukunft sind dann Geräte“, verdeutlicht Martin Stolberg von Sopra Steria.

Über die Studie

Der Branchenkompass Banking 2021 zeigt, wo deutsche Banken im Veränderungsprozess stehen, wie sie mit den Herausforderungen umgehen und welche Strategien sie bis 2023 angehen und umsetzen wollen. Das Marktforschungsinstitut moweb research führte hierfür im Juli und August 2021 im Auftrag von Sopra Steria und dem F.A.Z.-Institut eine Online-Befragung von 100 Fach- und Führungskräften von Banken mit Bilanzsummen von mehr als 500 Millionen Euro durch. Teil der Studienergebnisse sind zudem drei vertiefende Interviews mit:

  • Ulrich Scheer, CFO der Münchener Hypothekenbank, darüber, wie der Immobilienfinanzierer digital neue Kunden gewinnen möchte
  • Dr. Olaf Zeitnitz, Gründer und Geschäftsführer von VisualVest, über die Demokratisierung der Vermögensverwaltung
  • Dr. Marcus Lingel, Geschäftsführer und Gesellschafter der Merkur Privatbank, über die Wachstumschancen der Digitalisierung

Künstliche Intelligenz im Finanzsektor (Studie)

PwC-Studie 2020: Für Banken und Versicherungen bieten sich große Chancen mit Künstlicher Intelligenz (KI) – es gibt aber noch ungenutzte Potenziale

Innerhalb weniger Jahre wird Künstliche Intelligenz die Finanzbranche massiv verändern: Neuronale Netze übernehmen die Beurteilung und Abwicklung von Kreditanfragen, riesige Datenbestände werten Unternehmen mit Hilfe von Deep Learning aus. Das hilft, Betrug vorzubeugen und ressourcenintensive, repetitive Prozesse und Kundenservices ohne Qualitätseinbußen automatisiert zu bearbeiten: Banken und Versicherer aus der DACH-Region haben das Potenzial von KI in Zeiten der Digitalisierung zwar erkannt, schöpfen dieses aber noch nicht flächendeckend aus. Die Mehrheit der Befragten (62 Prozent) hält KI zwar für eine eher wichtige oder sehr wichtige Innovation, die in den nächsten fünf Jahren in der Finanzbranche an Gewicht gewinnen wird – zwischen Vision und Ist-Zustand kann jedoch noch eine deutliche Differenz ausgemacht werden. Aktuell sehen nur neun Prozent der Entscheider ihr Unternehmen digital sehr gut vorbereitet für den Einsatz von KI-Technologien. Banken und Versicherer fangen gerade erst an, sich mit konkreten Einsatzfeldern der rasant fortschreitenden Technologie auseinanderzusetzen. Das heißt: Die Schere zwischen Erwartung und Umsetzung klafft weit auseinander. KI-Pilotprojekte gibt es bei den Finanzunternehmen viele – ein Transfer dieser Ideen in das tägliche, operative Geschäft gelingt jedoch nur den wenigsten. Auch Unternehmen, die bereits inhouse KI-Kompetenz besitzen, wissen häufig nicht, wie sie das Thema sinnvoll angehen sollen.

Was sind die wichtigsten Einsatzbereiche von KI?

Aktuell blicken Versicherer und Banken in der DACH-Region vor allem mit einer konventionellen Geschäftsperspektive auf den möglichen Einsatz von KI-Lösungen: 79 Prozent der Befragten wollen Geschäftsprozesse digital effizienter machen, fast drei Viertel generell Kosten einsparen (73 Prozent) und jedes zweite Unternehmen erwartet, mithilfe von KI Compliance-Vorgaben besser umsetzen zu können (50 Prozent). Aber auch für neue Felder, etwa Chatbots, Automatisierung und vorausschauendes Marketing setzt bereits etwas mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) die neue Technologie ein. Viele weitere Chancen bleiben jedoch ungenutzt: So lässt sich die Komplexität von Risikobewertungen und Entscheidungsunterstützungen im Controlling durch Automatisierung stark verringern, wenn die zugrundeliegenden Daten wirklich intelligent analysiert werden.

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Was sind die größten Hindernisse bei der Adaption?

Um zum europäischen Durchschnitt aufzuschließen, prüfen viele Finanzunternehmen derzeit, welche neuen Projekte besonders für den Einsatz von KI geeignet sind. Doch auch wenn diese identifiziert und definiert sind, ist der Weg zur Umsetzung oft noch weit: 69 Prozent der befragten Unternehmen machen den Mangel an verfügbaren Daten als Hindernis für eine Adaption aus. Gut zwei Drittel der befragten Unternehmen kämpfen außerdem mit Budgetrestriktionen und unzureichender Finanzierung für entsprechende Projekte (67 Prozent), 64 Prozent der Unternehmen mangelt es schlicht an Mitarbeitern mit Kompetenz, um Fragen zur Etablierung von KI zu beantworten: Welcher Geschäftsbereich bietet einen angemessenen Anknüpfungspunkt für die Etablierung von KI-Projekten im operativen Geschäft? Welche Abteilung stellt die Finanzierung des Integrationsprozesses sicher? Und sind Projekte rund um Künstliche Intelligenz als Teilbereich der IT zu verorten – oder als strategisch relevantes Thema auf eigenständige Führungsstrukturen angewiesen?

Welche Differenzen sind innerhalb des Sektors zu erkennen?

Die Studie zeigt auch: KI für das Tagesgeschäft und in etablierten Prozessen zu nutzen, etwa im Hinblick auf Personalisierung oder neue Geschäftsmodelle, hat bislang eine vergleichsweise geringe Priorität für die Financial Services. Zudem ist die oft noch geringe allgemeine Verständlichkeit im Finanzsektor eine nicht zu unterschätzende Hürde. Klassische mathematische Anwendungen lassen sich noch mit einem vergleichsweise einfachen Algorithmus abbilden, geschlossene Modelle wie tiefe neuronale Netze sind aber deutlich anspruchsvoller und damit schwerer zu durchdringen. Das resultiert in einer weiteren Problematik: Der Finanzdienstleistungssektor ist stark reguliert. Die Unternehmen sind verpflichtet, Aufsichtsbehörden und internen Auditoren ihre Prozesse und Entscheidungen detailliert zu erläutern. Hier gilt KI noch als Black-Box Technologie, sodass viele Unternehmen hier noch mit Zurückhaltung agieren, nicht nur im Banking.

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Mit KI in die digitale Zukunft

Die zunehmende Bedeutung und damit Anwendung der Künstlichen Intelligenz wird die Arbeitsweise im Finanzsektor erheblich verändern. Unstrittig ist, dass KI langfristig in der Lage sein wird viele von Menschen ausgeführte Aufgaben zu übernehmen. Das birgt große Chancen: Mit ihrer Hilfe können Arbeitnehmer künftig ihre Arbeitsbelastung reduzieren und Lebenszeit gewinnen, ohne dass Unternehmen an Produktivität einbüßen. Außerdem können neue Aufgabenbereiche, nicht nur im Bereich des Datenmanagements, zu neuen Geschäftsfeldern führen. „Um das enorme Potenzial Künstlicher Intelligenz zu nutzen und Projekte auf Dauer effizient und wertschöpfend einzusetzen, ist unternehmensinternes KI-Wissen jedoch unerlässlich“, sagt PwC-Experte Berns. „Finanzdienstleister sollten daher schnell und massiv in das Know-how ihrer Mitarbeiter investieren.“

Methodik

Die PwC-Studie „How Mature is AI Adoption in Financial Services“ stützt sich auf eine Befragung von 151 Führungskräften in der Branche, also Banken, Versicherungen und Fin-Tech-Unternehmen. Mit der Zielsetzung, ein umfassendes Bild über die wichtigsten Sparten und Größenklassen im Finanzsektor zu zeichnen, stützt sich die Studie sowohl auf qualitative Experteninterviews (46 Teilnehmer) als auch auf eine Online-Umfrage mit 105 Teilnehmern und mehrheitlich quantitativen Fragen.

KI, Robotik und Automatisierung von zentraler Bedeutung für die Zukunft der Finanzdienstleistungen (Studie)

Die Mehrheit (55%) der Fachleute im Bankwesen und in der Vermögensverwaltung betrachtet künstliche Intelligenz (KI), Robotik und Automatisierung als die bedeutsamsten Entwicklungen, welche die globale Finanzdienstleistungsbranche in Zukunft prägen werden. Gemäss aktueller Branchenforschung des Schweizer Fintech-Unternehmens Avaloqzählen die zunehmende Nutzung vermehrt offener und kollaborativer Plattformen (von 34% der Befragten angegeben) sowie die wachsende Bedeutung der Distributed-Ledger-Technologien und Kryptowährungen (26%) zu weiteren massgebenden Entwicklungen.

Die Avaloq-Studie lotete die Stimmung hinsichtlich der laufenden digitalen Transformation der Branche aus. Sie ergab, dass die digitalen Infrastrukturen in den folgenden drei Spitzenbereichen erhebliche Leistungssteigerungen erzielen: Sicherstellung der Compliance bei sich verändernden Regulationen (48%); bessere Kundenerlebnisse (46%) und optimierte Cybersicherheit (42%). Mit Blick in die Zukunft wurde ein besseres Kundenerlebnis als der weitaus wichtigste Wettbewerbsvorteil für Banken und Vermögensverwalter in fünf Jahren herausgegriffen: 41% der Befragten geben dies als ihren bevorzugten Wettbewerbsvorteil an. Damit wird dem Kundenerlebnis im Vergleich zum zweitwichtigsten Faktor «operative Effizienz» (19%) mehr als die doppelte Bedeutung beigemessen.

Auf die Frage, wie Finanzinstitute von wichtigen Branchentrends wie künstlicher Intelligenz, Automatisierung und dem Fokus auf die Bereitstellung einer starken Kundenerfahrung profitieren werden, antworteten etwas mehr als zwei Fünftel der Teilnehmer (42%), dass «eine Kernplattform in Kombination mit einzelnen Add-on-Applikationen» die populärste und effektivste Software-Strategie sein wird. Nur halb so viele Teilnehmer gaben auf diese Frage entweder «mehrere einzelne erstklassige Plattformen» oder «eine integrierte Front-to-Back-Plattform» an.

Martin Greweldinger, Group Chief Product Officer bei Avaloq, sagte: «Die digitale Transformation der Finanzdienstleistungsbranche hat bereits begonnen. Viele Finanzinstitute begrüssen die deutlichen Vorteile der digitalen und Cloud-basierten Betriebsmodelle wie Business Process as a Service (BPaaS) und Software as a Service (SaaS). Es ist jedoch klar, dass noch grössere Veränderungen bevorstehen, insbesondere in Bezug auf KI, Robotik und Automatisierung. Diese Technologien kombiniert mit der Design-Thinking-Methode werden das Gesamtkundenerlebnis verbessern. Avaloq ist der Meinung, dass dies die Art und Weise der Erbringung der Finanzdienstleistungen in allen Kundensegmenten massgeblich verändern und optimieren wird.

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Wie unsere Studie bestätigt, werden Kreditinstitute in diesem Umfeld zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit weiterhin auf skalierbare, hocheffiziente und anpassbare digitale Plattformen umstellen. So können sie ihre Businessmodelle an einem sich rasch wandelnden und von der Digitalisierung geprägten Markt zukunftsfähig gestalten. Dank dieser Plattformen können Banken und Vermögensverwalter expandieren und sich nahtlos mit einer Reihe von Dritt- und Fintech-Unternehmen zusammenschliessen.»

Studie: Deutsche Banken riskieren die Industrialisierung des Kreditgeschäfts zu verpassen

PwC hat mehr als 40 der größten Banken in der DACH-Region befragt, wie weit sie ihr Kreditgeschäft industrialisiert habe.

Ergebnis:

  • Die Branche kommt gerade mal auf einen Durchschnittswert von 40 Prozent
  • Frappierend ist dabei die Diskrepanz zwischen den besten Banken und den schlechtesten
  • Das heißt: Gängige Verfahren wie die „digitale Antragsstrecke“ oder „Robotic Process Automation“ werden vielerorts noch gar nicht eingesetzt
  • PwC-Experte Rederer: „Im aktuellen Zinsumfeld sind Prozesskosten Wettbewerbsfaktor Nummer eins – und viele Banken verlieren den Anschluss.“

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Viele hiesige Banken agieren in ihrem wichtigsten Geschäftsfeld, dem Kreditgeschäft, nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Das geht aus einer Studie hervor, für die die Beratungsgesellschaft PwC mehr als 40 der 150 größten Banken aus der DACH-Region befragt hat, wie weit sie mit der Industrialisierung ihres Kreditgeschäfts vorangekommen sind. Dabei zeigt sich: Im Retail-Segment erreichten die Institute gerade mal einen durchschnittlichen Industrialisierungsgrad von 48 Prozent. Im Firmenkundenbereich waren es sogar nur 31 Prozent.

Große Unterschiede im Industrialisierungs-Grad

„Die Industrialisierung des Kreditgeschäfts ist heutzutage ein entscheidender Erfolgsfaktor für praktisch jede Bank. Das gilt umso mehr, als die Zinsen auf Jahre hinaus niedrig bleiben werden – die Margen also dauerhaft unter Druck stehen und die Kosten damit der entscheidende Faktor werden“, sagt Tomas Rederer, Partner „Digital Operations“ im Bereich Financial Services Consulting bei PwC. Vor diesem Hintergrund sei gerade die enorme Spreizung zwischen den Banken frappierend: „Im Privatkundengeschäft kam das beste untersuchte Institut auf einen Industrialisierungsgrad von 87 Prozent, was ganz hervorragend ist. Dagegen erreichten viele andere Banken gerade mal Werte zwischen 10 und 30 Prozent, bei einer waren es sogar nur 11 Prozent. Im Firmenkundengeschäft ist die Spreizung ähnlich.“, so Rederer. „Ob solche Institute dauerhaft am Markt bestehen können, muss ernsthaft befürchtet werden.“

Das Fokus-Thema für die nächsten zwei Jahre heißt „Automatisierung“

Konkret befragte PwC die Banken nach rund 80 Hebeln, anhand derer sich der Stand der Industrialisierung im Firmen- und Privatkundengeschäft quantifizieren lässt. Dazu zählen Tools wie die „Elektronische Kreditakte“ oder die „digitale Antragsstrecke“ ebenso wie neue Technologien (Beispiel: „Robotic Process Automation“) oder die sogenannte „XS2A“-Schnittstelle für den automatisierten Zugriff auf Kundenkonten bei anderen Banken. Somit hätte eine Bank bei 100 Prozent alle möglichen Hebel vollständig umgesetzt. Dies ist jedoch selten sinnvoll. Nicht jeder Hebel passt zu jedem Geschäftsmodell oder ist im Einzelfall ökonomisch vorteilhaft. Daher ist der Zielkorridor niedriger.

Um festzustellen, auf welche Industrialisierungsfelder sich die Branche besonders fokussiert, ordnete PwC die rund 80 Hebel überdies vier Kategorien zu. Nämlich

  1. Automatisierung (z.B. Robotics oder künstliche Intelligenz),
  2. Organisation (z.B. Arbeitsteilung oder Spezialisierung),
  3. Standardisierung (z.B. Prozess-Straßen) und
  4. Steuerung & Controlling (z.B. Auslastung-Optimierung).

Dabei kam heraus: In den beiden zurückliegenden Jahren haben sich die Banken in der DACH-Region vor allem auf die „Standardisierung“ konzentriert (84 Prozent Retail, 71 Prozent Firmenkunden). Dagegen steht in den kommenden beiden Jahren das Thema „Automatisierung“ im Fokus (96 Prozent Retail, 89 Prozent Firmenkunden), gefolgt von Steuerung & Controlling (80 Prozent Retail, 71 Prozent Firmenkunden).

„Das Zeitalter der Kreditmanufakturen ist definitiv vorbei“

„Die vielleicht wichtigste Erkenntnis unserer Studie ist, dass es im Kreditgeschäft nicht nur um Digitalisierung geht – sondern dass die Banken die Herausforderungen, die vor ihnen liegen, viel umfassender angehen müssen“, sagt PwC-Experte Rederer. „Die industrielle Logik, wie wir sie zum Beispiel aus der Automobilindustrie kennen, erfasst momentan auch das Kreditgewerbe. Leider gibt es hierzulande zu viele Banken, die auf diese Entwicklung unzureichend eingestellt sind – und hoffen, sie könnten das Kreditgeschäft insbesondere im Firmenkundengeschäft immer noch betreiben wie eine Manufaktur.“ Dass es sich dabei um einen Irrglauben handelt ist Rederer überzeugt: „Wenn wir uns die Vorreiter unter den untersuchten Instituten anschauen, dann sehen wir dort nicht mehr viel Handarbeit. Stattdessen schalten die ersten Banken voll-digitale Baufinanzierungen live, agile IT-Strukturen ersetzen die Legacy-IT und das Thema Auslagerung gewinnt wieder an Fahrt, auch in Richtung Fintechs.“ Das bedeute nicht, dass jede Bank nach einem maximalen Industrialisierungsgrad streben muss. Aber, so Rederer: „Noch sind die Abstände aufholbar, da auch führende Institute oft noch keine optimale Kombination der Hebel gefunden haben. Schon bald wird der Abstand aber zu groß sein. Insbesondere, was die Erfahrung in der Industrialisierung ganzer Organisationen angeht,“ so Rederer.

Hier geht´s zur PWC-Kreditstudie 2019.

Digitalisierung: Banken und Versicherer rechnen mit den meisten Jobeinbußen

67 Prozent der Entscheider in Finanzdienstleistungsunternehmen schätzen, dass durch die Digitalisierung die Zahl der Arbeitsplätze im eigenen Unternehmen langfristig sinken wird. Damit sind die Sorgen vor einem Netto-Jobabbau bei Banken und Versicherern deutlich größer als in anderen Branchen. In der verarbeitenden Industrie erwartet nur jeder vierte Entscheider unter dem Strich einen Wegfall von Arbeitsplätzen, bei Energieversorgern sowie in Behörden ist es jeder dritte. Das ergeben drei Branchen- und Digitalisierungsstudien von Sopra Steria Consulting.

Der Finanzsektor ist stärker als andere Branchen von einer Automatisierungswelle durch neue Technologien wie Robotic Process Automation, Blockchain, Data Analytics und Künstliche Intelligenz betroffen. Für fast jeden zweiten Bankmanager (48 Prozent) ist die IT-gestützte Automatisierung die Kostensenkungsmaßnahme Nummer eins, um Einnahmeneinbrüche durch Niedrigzins und Regulierung aufzufangen. Dazu kommt der Druck der Kunden. Nach Ansicht von zwei Dritteln der Entscheider von Versicherern wird die Nachfrage nach vollautomatisierten, digitalen Beratungsangeboten steigen. 60 Prozent wollen das Direktgeschäft über Online-Kanäle im Massengeschäft ausweiten. Versicherer Ergo plant beispielsweise perspektivisch, verstärkt Policen über Sprachassistenten zu verkaufen.

„Es besteht ein riesiger Automatisierungsbedarf. Bei Kontoeröffnungen oder der Regulierung von Standart-Blechschäden übernehmen nach dem Ausfüllen des Online-Formulars durch den Kunden meist Sachbearbeiter manuelle Prozessschritte“, sagt Simon Oberle, Leiter Future Management Consulting bei Sopra Steria NEXT. Andere Branchen wie die Industrie sind bereits stärker automatisiert. In Fabrikhallen gibt es längst Fertigungsprozesse, die komplett von Montage- oder Schweißrobotern übernommen werden. 63 Prozent der Manager im verarbeitenden Gewerbe stellen sich zwar auf veränderte Aufgaben ein, rechnen jedoch im Zuge des Umbaus in Richtung Industrie 4.0 nicht mit weniger Beschäftigten insgesamt.

Jobprofile werden sich drastisch ändern

In der Finanzbranche ist die Mehrheit skeptischer: Das enorme Automatisierungspotenzial im Finanzsektor geht stark zu Lasten der Bankberater, Versicherungsvermittler sowie der Mitarbeiter im Backoffice. Im Privatkundengeschäft lohnt sich die persönliche Anlageberatung erst ab einer gewissen Summe, die Zahlen der bei den Handelskammern eingetragenen Versicherungsvermittler sind rückläufig. Die gut geschulten Spezialisten weichen auf das beratungsintensive Geschäft wie Private Banking und Betriebsversicherungen aus. Insgesamt herrscht die Sorge, dass unter dem Strich mehr Tätigkeiten wegfallen als neue hinzukommen werden. Jobabbau-Programme der Konzerne, teilweise im vierstelligen Bereich, fördern die Bedenken.

Dagegen steigt der Bedarf an neuen Fachkräften im Finanzsektor an anderen Stellen signifikant, vor allem für IT-Jobs. Banken und Versicherer investieren in den kommenden Jahren Milliardenbeträge in den digitalen Umbau und gründen dafür Digitallabore und eigene Softwarefirmen. In denen entwickeln hunderte Mitarbeiter nicht nur Apps für Schadensmeldungen und die automatisierte Kreditvergabe. Sie arbeiten zudem an datengetriebenen Vertriebsansätzen für mehr Wachstum. Jeder zweite Finanzdienstleister hat in Teilbereichen bereits digitale Geschäftsmodelle entwickelt, unter anderem als Plattform, an der andere Unternehmen gegen Gebühr andocken können.

Masterpläne für personellen Umbau fehlen

Für jedes zweite Kreditinstitut ist die Mitarbeitergewinnung und -qualifizierung für die Bankarbeit der Zukunft eine große Herausforderung. „Die langfristigen Auswirkungen auf den Mitarbeiterbestand durch die Automatisierung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz werden häufig noch deutlich unterschätzt. Vielfach fehlen Masterpläne für eine geordnete Übergangsphase. Die Jobprofile für Bankangestellte müssen angepasst werden. Deutlich mehr Mitarbeiter müssen künftig gestalten und nicht nur ausführen“, sagt Simon Oberle: Er rät Unternehmen, frühzeitig in Kompetenzbildung und Talentmanagement zu investieren. „Das Banking der Zukunft erfordert es, auf permanente Veränderungen reagieren zu können. Kreative, konzeptionelle und analytische Fähigkeiten rücken in den Vordergrund“, so Oberle.

Über die Studien:

Die Potenzialanalyse „Transformation erfolgreich managen“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut basiert auf einer Online-Befragung in den Bereichen Banken, Versicherungen, Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation und Medien, öffentliche Verwaltung, Automotive sowie sonstiges verarbeitendes Gewerbe. Im Februar 2019 wurden 354 Entscheider, Manager und Fachkräfte zum Status der digitalen Transformation, zu den Hürden sowie zu den durchgeführten Maßnahmen befragt. http://bit.ly/Studie_Transformation_Managen

Die Ergebnisse der Studie Branchenkompass Insurance 2019 wurden in zwei Schritten erhoben. Sopra Steria Consulting und das F.A.Z.-Institut haben Versicherungsführungskräfte in einem Think Tank zusammengebracht und mit ihnen über die Themen diskutiert, die die Branche bewegen. Kundenzentrierung, Vertrieb und Angebotsmanagement mithilfe Künstlicher Intelligenz sowie Cloud Computing standen im Fokus. Im März und April 2019 wurden darüber hinaus 100 Führungskräfte aus Versicherungen zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. Die Online-Befragung wurde mit Führungskräften von Versicherern unterschiedlicher Sparten und Größen durchgeführt. http://bit.ly/Studie_BKInsurance2019

Für die Studie Branchenkompass Banking 2018 führte das Marktforschungsinstitut Research Now im Auftrag von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut im Frühjahr 2018 eine Befragung von 109 Fach- und Führungskräften von Banken mit Bilanzsummen über 500 Millionen Euro durch. Als Befragungsmethode wurde CAWI (Computer Assisted Web Interviewing) eingesetzt. Teil der Studienergebnisse sind zudem vier vertiefende Interviews mit Entscheidern aus Banken und Sparkassen, dazugehörigen IT-Unternehmen sowie mit Stefan Lamprecht, Mitglied der Geschäftsleitung von Sopra Steria Consulting, über Einschätzungen und Standpunkte zur Lage und Zukunft der Bankenbranche. http://bit.ly/studie_bkbanking2018

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